#OezgeCanAslan - Stopp der Vergewaltigung von Frauen!!!

Eine sehr grausame und bedrückende Geschichte, die sich nun in Mersin in der Südtürkei abgespielt hat. Ein rechtsradikaler Omnibusfahrer wollte eine junge Studentin vergewaltigen, als diese sich vehement dagegen wehrte, wurde sie umgebracht und die Leiche anschließend verbrannt. Vater und Freund des Mörders assistierten ihm dabei. Glücklicherweise konnten die drei Täter rasch verhaftet werden. Ein Aufschrei geht allerdings seit dem durch das ganze Land.

Die junge Studentin Özgecan Aslan gehörte der Religionsgemeinschaft der Aleviten an, die für eine liberale und undogmatische Lebensweise einstehen und etwa ein Fünftel der Bevölkerung der Türkei ausmachen. In der Türkei mit dem aktuellen politischen und gesellschaftlichen Klima lässt sich dieses Verbrechen kaum als Einzelschicksal „abtun“. Vielmehr sind es gewisse Umstände, die solchen Taten den Weg förmlich ebnen. Hier nur einige dicke Probleme in der Türkei:

- Die Regierenden der rechtskonservativen Partei AKP versuchen immer wieder Vergewaltigungsopfern, die dabei geschwängert werden, das Recht auf eine Abtreibung streitig zu machen. Opfer werden so im gesellschaftlichen Kontext zu Täterinnen gemacht. Hochrangige Minister wettern gegen sie. Das Recht auf Selbstbestimmung wird zu einer Farce.

- In der Gesellschaft entbrennt nach jeder solchen Nachricht ein Streit darüber, ob die Frau mit einem zu offenem Kleidungsstil etwa Mitschuld an dem Geschehnis habe. Schließlich hätten Frauen mit religiös-konformer Bedeckung weitaus seltener solche Probleme. Die Kommentatoren in den diversen Fernsehsendern gehen so weit, den modernen Kleidungsstil von jungen Frauen als strafmildernden Umstand zu bewerten.

- Weite Teile des Landes eifern noch immer einer jahrhundertealten Religionspraxis nach, die die Sexualität tabuisiert und die versucht, die Frauen vom "Trieb des Mannes" zu schützen indem sie die Frau möglichst bedeckt. „Dann bedeckt doch bitte die Augen des Mannes!“, möchte man hier entgegnen.

Aber auch wir haben Mitschuld, wenn Frauen Bürgerinnen zweiter Klasse sind. Weil wir uns zu selten für die Gleichberechtigung und die Emanzipation von Frauen eingesetzt haben. Wir, die Männer, lehnten uns allzu gerne zurück, als die Frau in die Küche an den Herd verbannt wurde. Wir benachteiligen Frauen, nicht nur in der Türkei, weiterhin strukturell und führen bis heute Debatten darüber, was Frauen dürfen und was nicht. Frauen wie Männer diskutieren noch im Februar 2015 darüber, ob Frauen bspw. gewisse religiöse Ämter bekleiden dürfen oder nicht. Auch bei uns Alevit_innen! Wir legen der Frau bei der Hochzeit ein rotes Band um den Rücken, um ihre Jungfräulichkeit zu demonstrieren und merken dabei kaum, dass junge Frauen damit auf ihre Sexualität reduziert und in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Und noch weiter: Wir, die Frauen, machen bei diesem Spiel mit und beugen uns den sozialen Zwängen. Vom roten Band ist noch niemand gestorben, aber es hat auch Gesellschaft in Klassen aufgeteilt. In die Klasse derer, die stark ist und zu schützen vermag und die derer, die „unversehrt“ das Elternhaus zu verlassen hat, damit die „Betriebsgefahr“ nun auf einen neuen Aufpasser, den Ehemann übergeht.

Frauen wie Männer müssen tagtäglich für die Gleichberechtigung kämpfen. Dabei ist beispielsweiße die Frauen- oder Geschlechterquote in Organisationen ein wichtiger und richtiger Meilenstein; der gesellschaftliche Zustand hingegen, der diese abschließend unnötig machen sollte das eigentliche Ziel.

Kurzum: Nur wer sich heute aktiv für die Rechte von Frauen und Mädchen stark macht, der verhindert solche Vorfälle in der Zukunft. Die Implikation der Empörung muss das aktive Tun sein. Facebook Likes und Kommentare sind schneller vergessen, als man es glauben kann.

In der Vereinswelt könnte die Devise schon lange lauten: „Frauen, raus aus der Küche und rein in den Vorstand!“

Traurig vielleicht, dass ein Mann diese Zeilen verfasst…

Traurig das Schicksal der Özgecan Aslan…

Serdar Akin